Unterschiede zwischen digitaler und analoger Aufnahme

Tonspur digital analog; audiointerface
Stimmt es, dass analoge Aufnahmetechnik mehr „Wärme“ bietet?

Auch heute noch, über 25 Jahre nachdem digitale Aufnahmetechniken begannen sich am Markt durchzusetzen, gibt es eine große Anhängerschaft des analogen Sounds. Sie sprechen oft von einer Wärme die den digitalen Geräten fehlen soll. Was ist dran an diesen Behauptungen und woher kommen sie?

Digital ist besser

Tonspur digital analog; digitaler und analoger Aufnahme
Unterschiede zwischen digitaler und analoger Aufnahme

Vorweg sei gesagt: Was die Reproduktion von Signalen angeht ist die Digitaltechnik der Analogtechnik haushoch überlegen. Sofern die Wandler hochwertig sind kann ein digitales Aufnahmegerät das Eingangssignal nahezu fehlerfrei reproduzieren. Nimmt man beispielsweise eine Audiokassette mit Hilfe eines Audiointerfaces auf, so wird der Hörer die Aufnahme vom Sound der eigentlichen Kasette nicht unterscheiden können. Gehen wir hingegen umgekehrt vor und zeichnen eine Audio-CD auf Kassette auf, so werden wir unweigerlich einen Qualitätsverlust erkennen.

Analog ist vertrauter

Im professionellen Tonaufnahmebereich hat sich über die Jahre eine wahre Kunst im Umgang mit analoger Tontechnik entwickelt.

Rational gesehen geht also die Digitaltechnik als klarer Sieger hervor. Da Menschen aber ja bekanntlich nur rational sind, wenn sie grade Lust dazu haben, existiert noch eine andere Sichtweise. Bis in die späten Achtziger-Jahre wurden nahezu alle professionellen Aufnahmen mittels Analogtechnik durchgeführt. Diese hatte bekannte Schwächen, welche zu minimieren sich zu einer hohen Kunst avanciert hatte. Viele dieser Techniken wurden bereits über mehrere Generationen von Tontechnikern weitergegeben. Als dann die neue Digitaltechnik auf den Plan trat waren ein Großteil dieser Probleme auf einen Schlag aus der Welt. Die Gewohnheiten der bestehenden Tontechniker-Zunft bestanden aber weiter. Kurz gesagt ließen sich die über Jahrzehnte etablierten Klangästhetiken, die durch kunstvollen Umgang mit den Schwächen der Analogtechnik entstanden waren, in der digitalen Welt nicht reproduzieren. Und während in den Kellern und Proberäumen der Welt nach und nach Grundsteine für eine neue, digitale Klangästhetik gesetzt wurden, blieb Technikern der alten Schule nur ein Festhalten an der guten, alten Analogtechnik.

Probleme bei digitaler und analoger Aufnahme

Probleme digitaler und analoger Aufnahmetechnik; audiointerface
Probleme bei digitaler und analoger Aufnahme

Während die Reproduktion von Audiosignalen in der Digitaltechnik nahezu perfekt ist, hat die Bearbeitung der Signale ihre Schwächen. Ähnliche Schwächen finden sich auch in der Analogtechnik. Nur die dadurch entstehenden Artefakte unterscheiden sich. Bei der analogen Bearbeitung eines Signals kann man pauschal mit zwei Seiteneffekten rechnen. Zum einen wird weiteres Rauschen hinzugefügt, zum anderen gibt es einen Abfall in den Höhen. Letzterer wird meist durch zusätzliche Verstärkung der Höhen kompensiert, ersteres durch die Verwendung höherwertigen Equipments und einer möglichst effizienten Signalkette.

In der digitalen Welt sind die Artefakte nicht so leicht greifbar. Jede Bearbeitung des Signals führt zu einer geringeren Genauigkeit bei der Bit-Auflösung. Ein Effekt der mit jenem vergleichbar ist, der auftritt wenn man die Auflösung eines digitalen Fotos verringert. Je geringer die Auflösung ist, desto weniger detailliert ist das Bild. Das grobe Motiv lässt sich noch sehr lange erkennen, aber die zugrunde liegenden Strukturen werden schnell sehr abstrakt. Und wie in der Analogtechnik gibt es auch hier Kniffe mit denen die Problematik minimiert werden kann.

Digitale Problemvermeidungs-Strategien

Der wichtigste Punkt bei einer digitalen Aufnahme ist immer die Wahl der höchstmöglichen Bittiefe. Während unser CD-Audio-Standart mit einer Tiefe von 16 Bit arbeitet können moderne Interfaces nahezu immer mit mindestens 24 Bit aufnehmen. Im Groben sagt man, dass ein Signal mit jedem digitalen Effekt den es durchläuft etwa ein Bit an Dynamik-Auflösung verliert. Bei einer Tiefe von 24 Bit hätten wir also Platz für etwa acht Effekte, bevor wir die 16 Bit unterschreiten, die unserem finalen Mix in CD-Qualität zur Verfügung stehen. Generell sollte die gewünschte Lautstärke eines digitalen Signals immer erst ganz am Ende der Signalkette durch eventuelles Reduzieren gewählt werden. Davor sollte man immer versuchen mit dem höchst möglichen Pegel zu arbeiten. Das gilt sowohl für den Pegel des Eingangssignals, als auch für den Ausgangspegel aller denkbaren Effekte vor der finalen Lautstärke-Einstellung. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass das Signal so wenig Details verliert wie möglich.

Digitale Nachahmung analoger Soundästhetik

Immer mehr digitale Effekte ahmen das Verhalten der analogen Technik nach und bringen damit das alte Gefühl in die moderne Zeit.

Um auch in der digitalen Welt ein Stück von der analogen Ästhetik zu erzeugen gibt es inzwischen mannigfaltige Ansätze. Da der Sound analoger Geräte mit digitalen Techniken quasi fehlerfrei reproduziert werden kann, liegt nahe, dass eine Erzeugung dieser (ursprünglich technischen Schwächen verschuldeten) Klangeigenschaften auch algorithmisch möglich ist. Und tatsächlich gibt es immer mehr digitale Effekte, die versuchen das Verhalten klassischer analoger Kollegen nachzuahmen. Anfänglich wurden solcherlei Effekte noch sehr skeptisch betrachtet, doch über die Jahre wurden sie immer ambitionierter und heute finden sie sich vermutlich in mehr professionellen Produktionen als ihre tatsächlichen analogen Vorbilder.

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